Dienstag, 15. September 2015

Wovon leben wir eigentlich?

Na, das ist ja mal eine putzige Reaktion der Redaktion: Die "Kronen-Zeitung" hatte einen Text des Journalisten Hans Hoff nahezu vollständig auf der Webseite übernommen - natürlich ohne dem Kollegen dafür irgendetwas zu bezahlen. Mediendienste berichteten darüber, und sie holten natürlich auch eine Stellungnahme des Online-Chefs der "Krone", Richard Schmitt, ein. Für ihn ist Hoff bloß ein "Künstler, der davon lebt, gelesen zu werden", hat er offenbar gegenüber horizont.at gesagt. So einfach kann das Leben sein.

Ich glaube, heute Nachmittag gehe ich mal in den Supermarkt meines Vertrauens. Da werde ich dann die Wein-Abteilung (die mit den edlen Tropfen) plündern und ohne Bezahlen an der Kasse vorbei schlendern. Wenn ich den Einkaufswagen voller teurer Weinflaschen dann mal im Eingangsbereich des Supermarktes abstelle, beginne ich dort mit dem Verkauf ebenselber Flaschen. Sollte dann ein übereifriger Manager des Supermarkts ankommen, werde ich ihn mit der Schmitt'schen Kronenlogik überzeugen: "Als Betreiber eines Supermarkts leben Sie doch davon, dass Ihr Wein verkauft wird, oder etwa nicht?!"

Mit Verlaub: Wir Journalisten und Journalistinnen leben nicht davon "gelesen zu werden". Dafür kann ich mir nichts kaufen. Niemand wirft mir morgens Kaffee und Brötchen gratis hinterher, weil ich so schön schreibe. Nicht mal ein Abo der Kronenzeitung würde ich umsonst bekommen, weil ich anderswo "gelesen werde". In unserer Gesellschaft ist das Tauschmittel für Waren und Dienstleistungen eben Geld. Und professioneller Journalismus ist eine Dienstleistung: Wir leben davon, für unsere Arbeit bezahlt zu werden. Nicht nur manche Österreicher scheint das zu überraschen.

Links:
Bericht bei horizont.at zum Thema
Bericht bei turi2 zum Thema
Die "Kronen-Zeitung" wird aus gegebenem Anlass bewusst NICHT verlinkt.

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