Montag, 6. April 2015

Tsunami? Staatsschutz, übernehmen Sie!

Als Journalist erhält man viele Informationen mit Hilfe von Pressemitteilungen. Das ist so etwas wie ein ständiger newsfeed im Mail-Postfach. Dutzende, manchmal Hunderte am Tag buhlen um Aufmerksamkeit. Die Mitteilungen der Organisation "Pro NRW", die vom Verfassungsschutz unter dem Verdacht des Rechtsextremismus beobachtet wird, haben bei mir bisher nicht unbedingt oberste Priorität. Nun aber ist ein Rundschreiben in meinen Fokus geraten, das für eine Kundgebungs-Tour im Mai 2015 wirbt: In der Überschrift ist von einem "Flüchtlings-Tsunami" die Rede!

Jawohl, da steht Tsunami. Die Bezeichnung für die "sich mit hoher Geschwindigkeit ausbreitende Flutwelle" (Duden). Für ein verheerendes Naturereignis, das beispielsweise im Jahr 2004 in Thailand rund 200.000 Menschen das Leben kostete. Dieser Begriff des Massentodes wird von "Pro NRW" auf Menschen angewendet, die aus ihrer Heimat flüchten. Ich bin entsetzt.

Ich habe mich ja immer wieder intensiv mit der so genannten Pro-Bewegung beschäftigt, unter anderem auch eine empirische Studie gemacht. In den vergangenen Jahren war es aber immer so, dass diese Organisation zwar weit am rechten Rand agierte, in ihrer populistischen Rhetorik aber stets versuchte, möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Von einer "Flut" der Flüchtlinge zu sprechen, war in der Vergangenheit schon schlimm genug. Aber eben nicht justiziabel. Spätestens mit dem "Tsunami"-Begriff sehe ich das anders. Zumindest wird damit gezielt das gesellschaftliche Klima gegenüber Geflüchteten vergiftet. Womöglich ist das sogar schon Volksverhetzung. Auf jeden Fall aber ist es eine (Untersuchungs-)Aufgabe für die Behörden: Staatsschutz, übernehmen Sie!

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