Dienstag, 9. Dezember 2014

Der CDU in Köln den Protest zwitschern!



Köln wird zum Mekka der Christlich-Demokratischen Union. Am 9. und 10. Dezember 2014 werden rund 1.000 Delegierte der CDU aus ganz Deutschland nach Köln pilgern, allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Parteitag ist das wichtigste Gremium der Union. Er wählt den Bundesvorstand und stellt die grundsätzlichen politischen Weichen. Das virtuelle Symbol des Kölner Parteitags ist der hashtag #cdupt14 bei twitter. Und ich denke, es gibt da etwas, auf das man die CDU-Basis unbedingt hinweisen sollte: Das Thema Tarifeinheit. Deshalb habe ich mit einigen Mitgliedern des Deutschen Journalisten Verbands (DJV) eine soziale Netzwerk-Aktion gestartet:

Lasst uns der CDU unseren Protest gegen das Tarifeinheits-Gesetz zwitschern!



Versehen mit dem offiziellen Parteitags-Hashtag #cdupt14 sollten viele Menschen ihrem Unmut Luft machen: Die unsinnigen Pläne, wonach nur noch die stärkste Gewerkschaft in einem Betrieb Streikrecht haben soll, verstoßen gegen die Verfassung und sollten nicht beschlossen werden. Schön wäre es, wenn Delegierte einen Eilantrag beim Kölner CDU-Bundesparteitag einbringen würden, um dieses Projekt der Großen Koalition zu stoppen. Es kann doch nicht sein, dass eine von einer Unions-Kanzlerin angeführte Regierungsmehrheit bewusst etwas Verfassungswidriges beschließt!

Nachtrag: newsroom.de hat über die Aktion berichtet. Mehr dazu unter diesem Link.

Dienstag, 7. Oktober 2014

Boxen im "anderen 1.": Schnäppchenpreis?!







Ich habe ja nie verstanden, warum ich Gebühren dafür bezahlen muss, damit sich andere Menschen herzhaft auf die Nase schlagen: Boxen "im Ersten" war eine Sendung, die ich mir wahrhaftig nie angeschaut habe. Jetzt wechseln die Sportschlägertypen also den Sender, hin zu "anderen Eins", zu Sat1. Organisierte Schlägerei ist fortan kein öffentlich-rechtlicher Auftrag mehr, sondern ein blutiges Privat(fernseh)vergnügen. Richtig so!

Aber, warum wird berichtet, dass Sat1 nur noch halb so viel für die Übertragung der Box-Events zahlen muss wie die ARD? Ist der brutale Sport quasi per Faustschlag urplötzlich so wenig wert geworden? Oder haben wir womöglich eine lange Zeit mit quasi öffentlichen Geldern eine äußerst fragwürdige "Grundversorgung" zu teuer bezahlt?

Ist das einer der Gründe, warum die Anstalten nun am Programm sparen müssen, an journalistischer Qualität, an origineller und sachkundiger redaktioneller Erfüllung des Programmauftrags? Wie auch immer: Der Spuk scheint beendet. Und das ist auch gut so. Man kann das gar nicht oft genug wiederholen. Jetzt haben die Verantwortlichen der ARD offenbar mehr Geld in der Kasse, durch den Ausgabenverzicht im Boxstall. Ich freue mich auf den Sendeplätzen auf spannende, von ARD-Journalistinnen und Journalisten erarbeitete Dokumentationen und Reportagen!


http://www.dwdl.de/nachrichten/47913/sat1_wird_neue_heimat_fuer_sauerlandboxkaempfe/
(Hintergrund-Meldung zum Thema beim Mediendienst dwdl.de)

Montag, 1. September 2014

Politikeinheit nach der Tarifeinheit?!


Die Idee kommt mit einem sperrigen Wort daher: Tarifeinheit. Wer sich als Arbeitgeber nicht mit verschiedenen Gewerkschaften herum schlagen will, die sich jeweils für ihre Klientel in verschiedenen Gewerken einsetzen, soll künftig nur noch mit einer Arbeitnehmerorganisation verhandeln dürfen. Nur noch die jeweils stärkste Gewerkschaft soll ein Mitspracherecht haben. Sondergewerkschaften wie der Deutsche Journalisten Verband (DJV) wären dann in manchen Betrieben außen vor. So will es die Große Koalition aus CDU und SPD. Die neueste Idee dabei: Ein Notar soll für jeden Betrieb verbindlich feststellen, welche Gewerkschaft dort die meisten Mitglieder und damit das Sagen hat. Führende Rechtsexperten halten das für verfassungswidrig. Aber das kümmert Bundespolitiker oft nicht die Bohne o- sie erlassen gerne mal Gesetze, die anschließend von den Verfassungsgerichten aus Bundes- und Landesebene kassiert werden.

Aber wenn das mit der Einschränkung der gewerkschaftlichen Demokratie den Damen und Herren in der Politik so ein dringendes Anliegen ist, sollte man sie doch beim Wort nehmen: So könnten sie analog zur bequemen Tarifeinheit eine mindestens genauso relaxte Politikeinheit beschließen. Ein Notar stellt fest, wer in einem Parlament die stärkste Partei ist, und die ergreift dann ganz locker die Macht, die anderen müssen draußen bleiben. Sowas hatten wir in Deutschland schon mal, und wir sind nicht besonders gut damit gefahren. Deshalb haben wir uns ein Grundgesetz gegeben, das solche Großsucht-Spielereien verhindert. Eine Verfassung eben. Und es sollte eigentlich demokratischer Konsens sein, dass man gegen die Verfassung nicht verstößt. Ob die großkoalitionären Politiker daran bei Gelegenheit noch mal denken? Gerade die mit regierende SPD dürfte dafür doch allen Anlass haben. Ihre Wahlergebnisse deuten nicht eben darauf hin, dass sie in der Lage ist, ständig beste Wahlergebnisse einzufahren und stärkste Partei zu werden. Politikeinheit ist also wahrscheinlich doch keine so brillante Idee. Tarifeinheit auch nicht.

Donnerstag, 14. August 2014

Köln, ach: Mein Köln...


Da komme ich aus dem Urlaub zurück und überfliege die unzähligen (Presse-) Mitteilungen in meinem Mailpostfach - und freue mich über drei weltbewegende Nachrichten, die aus dem kommunalen Presseamt der Stadt Köln hoch offiziell mitgeteilt werden:

In einer ellenlangen Textversion wird angepriesen, dass der Titanwurz (Amorphophallus titanum) in der Kölner Flora bald blühen wird. Bis zu drei Meter hoch kann eine solche Blüte sein. "Wegen ihrer Seltenheit erregt die Blüte der Titanwurz regelmäßig das Interesse der Medien und des Publikums", wissen die stadtverwaltende Presseleute stolz zu verkünden. Phallus und Erregung in einer einzigen Mitteilung - wenn das nicht sensationell ist! Sobald die Blüte der Titanenwurz sich öffne, werde man "kurzfristig mit einer gesonderten Pressemitteilung" darüber informieren. Ich freue mich drauf.


Aber Köln hat nicht nur Schönes zu bieten: Die zweite von mir begutachtete Presse-Info beschreibt, dass die klamme Kommune sich keine Klimaanlage für ihr Stadtmuseum leisten kann. Deshalb wird`s da im Sommer ein bisschen heiß - zu heiß für Exponate der Ausstellung "Köln in unheiligen Zeiten - Die Stadt im Dreißigjährigen Krieg". Die müssen jetzt in den kalten Keller, wo Besucher des Stadtmuseums nicht hin dürfen. Sie zahlen für die Sonderausstellung deshalb auch nur noch die Hälfte des Eintrittspreises. Und schwitzen.


Und, dann amtliche Mitteilung Nummer drei: "Wasserspiele auf dem Breslauer Platz" hinter Kölns Hauptbahnhof sollen endlich in Betrieb genommen werden. Beim Umbau des Platzes hatte es Schlampereien gegeben, die Medien waren voller hämischer Berichte. Jetzt also die Fertigstellung - immerhin schneller als beim Berliner Flughafen. Also, wann beginnt der neue Brunnen wirklich zu sprudeln? Jetzt, sofort, unverzüglich? "Voraussichtlich Ende August", heißt es von der Stadt Köln. Wenn nichts dazwischen kommt, soll das wohl heißen. Vielleicht auch nicht. Falls noch Schlampereien auftauchen. Oder es zu heiß ist. Oder der erregte Titanenwurz zu viel Aufmerksamkeit veansprucht. Oder was auch immer. "Wenn die restlichen Arbeiten an der Platzfläche beendet und die Probeläufe für den Brunnen erfolgreich abgeschlossen sind, wird die Stadt über den genauen Termin für die Inbetriebnahme zeitnah informieren", schließt sich ach-so-wichtige Pressemitteilung. Also gibt es auch zu diesem Thema bald wieder eine amtliche Information. Ich brauche wieder Urlaub!

Donnerstag, 17. Juli 2014

Fußball, Gauchos, Balla-balla...

Hurra, sie ist vorbei! Die Fußball-Weltmeisterschaft rangiert bei mir mangels sportlichem Interesse ungefähr auf einer Stufe mit der Regionalmeisterschaft im Hallenjojo für die Südeifel. Die journalistische Begleitung des Großereignisses (ich meine jetzt die WM) hat - bei den wenigen Texten und Sendungen, denen ich mich nicht entziehen konnte - meine Nerven doch arg strapaziert. Was selbst öffentlich-rechtliche Sender da an "Information" feilgeboten haben, war zum fremd schämen: Fast schon niveauvoll wie die Kommentare mancher Fußballer. Sei's drum, es ist vorbei! Und das ist auch gut so. Aber ein letztes Mal bäumt sich die Fußball-Euphorie dann doch noch auf, und darüber gibt es einen Diskurs, den ich mir in seiner Intensität mal bei Themen wie Überwachung, Pressefreiheit oder Armut gewünscht hätte. Die Rede ist vom "Gaucho-Gate". Dem Absingen eines dümmlichen Liedes, das überraschenderweise die argentinischen Finalgegner nicht hymnisch verehrt sondern - aufgepasst! - tatsächlich lächerlich macht. Was hatten wir von den extrovertierten Ball-Philosophen denn anderes erwartet? Und: Glaubt tatsächlich irgend jemand in dieser Republik, dass da nationalistisches Gedankengut in der Textmelodie bewußt oder auch nur unbewußt mitgeschwungen ist?  Ganz ehrlich: Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Aber das muss ich auch nicht. Ich habe ja keine Ahnung von Fußball. Von Hallenjojo übrigens auch nicht.

Sonntag, 6. Juli 2014

Krass! Sie werden nicht glauben, was man von Ladendetektiven lernen kann!

Warum gibt es eigentlich Ladendetektive? Meist sind es Männer, die plötzlich hinter dem Supermarktregal auftauchen, sich betont unauffällig bewegen, eine gewisse Strenge in ihren Augen stehen haben, die also schlicht unangenehm wirken. „Kann ich mal bitte in Ihre Tasche schauen?“, ist dann der Angst einflößende Spruch – nicht, weil man etwas gestohlen hätte, sondern weil dieser Eingriff in die Privatsphäre eben einfach unangenehm ist. Trotzdem sind sich ehrlich Kundinnen und Kunden darüber im Klaren, dass man Ladendetektive braucht. Es gibt eben doch zu viele kriminelle Zeitgenossen, die damit auch die Preise für die Waren in die Höhe treiben. Der Schaden von Ladendiebstahl wird schließlich auf die Verkaufspreise drauf gedrückt, die wir alle bezahlen. Und: Wir wollen nicht mit bezahlen für Menschen, die die Gesellschaft vorsätzlich kriminell schädigen!


Schreiben der "Künstlersozialkasse"
So einleuchtend diese Gedanken sind, so empörend sind sie für die deutsche Wirtschaft, wenn sie auf einen anderen Lebensbereich angewendet werden: Nach einem neuen Gesetz sollen die Beitragszahlungen zur „Künstlersozialkasse“ häufiger und strenger kontrolliert werden. Endlich ist der Ladendetektiv für Deutschlands kreativ Tätige da. Also, ein erst zu nehmender Staatsdetektiv, der zumindest vorsätzlich kriminelle Schädiger erwischen KÖNNTE. Bisher gab es so wenige Prüfungen, dass es äußerst wahrscheinlich ist, dass sich viele Firmen vor der gesetzlich vorgeschriebenen Abgabe in krimineller Form gedrückt haben. Jetzt soll sich das ändern. Mit überbordender Bürokratie hat das nichts zu tun. Wer bisher schon ehrlich war, hat bei solchen Prüfungen doch nichts zu befürchten. Und: Wir wollen auch bei der Künstlersozialkasse über unsere Steuergelder nicht bezahlen für Menschen, die die Gesellschaft vorsätzlich kriminell schädigen!

Freitag, 4. Juli 2014

Unzufriedenheit ist eine Gefahr

Unzufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gefährlich. Davor warnen jetzt die Verantwortlichen bei Geheimdiensten. Das gilt aber nicht nur für die sprichwörtlichen Schlapphüte: Es gilt auch für diejenigen, die "was mit Medien" machen. Obwohl der Beruf des Journalisten oder der Journalistin auf der Beliebtheitsskala nicht besonders weit oben steht, drängen nach wie vor junge Menschen in die entsprechenden Job. Journalismus gilt vielen als Berufung, sie brennen für diesen Beruf. Es ist ja auch ein prima Leben: kreativ sein, mit Menschen arbeiten, Öffentlichkeit herstellen. Doch Unzufriedenheit ist zunehmend auch in dieser Branche ein Problem. Hoch Qualifizierte, exzellente Journalistinnen und Journalisten bekommen zuweilen kaum noch eine Chance. Sie sind unzufrieden, weil sie um ihren Job fürchten müssen. In Verlagen, in Sendern - immer häufiger fallen redaktionelle Stellen oder Auftragsvergaben dem gnadenlosen Rotstift zum Opfer. Wie will man da noch kreativ sein, aufrichtig und neugierig auf Menschen zugehen, gesellschaftlich notwendige Öffentlichkeit schaffen - wenn gleichzeitig Existenzängste drohen? Gute Arbeit verdient gutes Geld. Das gilt auch und gerade für den Journalismus. Nur wer im wahrsten Sinne des Wortes anständig zahlt, wird mit Spitzen-Journalismus Geld verdienen können. Eigentlich bräuchte man für diese Erkenntnis gar keine Geheimdienste - darauf könnte man auch selbst kommen...

Donnerstag, 26. Juni 2014

Peinlicher Angriff auf die Pressefreiheit

Pressefreiheit wird gemeinhin wahrscheinlich gerne überschätzt. Nicht jedoch in Justizkreisen: Wer sich als Staatsgewalt mal richtig austoben will, setzt sich locker über das Grundgesetz hinweg und durchsucht einfach mal eine Redaktion. Ist doch lustig, mal zu schauen, was es da so zu gucken gibt.... Oder man spioniert spektakulär Informanten oder Leserbriefschreiber aus. Generalprävention nennt man das wohl - ein juristisches Fachwort, das gerne mit "Abschreckung" übersetzt wird. So ist es jüngst geschehen beim "Darmstädter Echo". Es ist nicht das erste Mal, dass eine journalistisch tätige Redaktion Opfer solcher Justizwillkür wurde. Im Nachhinein kann man dann gerne feststellen lassen, dass das alles widerrechtlich war. Die Verantwortlichen in Darmstadt haben diese Absicht bereits angekündigt. Aber was nützt das? Die Abschreckung ist da, das Grundgesetz mit seiner Pressefreiheit hat mal wieder ein veritables Loch bekommen.


http://meedia.de/2014/06/25/durchsuchungsbeschluss-staatanwaelte-gehen-gegen-darmstaedter-echo-vor/?utm_campaign=NEWSLETTER_MITTAG&utm_source=newsletter&utm_medium=email

Donnerstag, 19. Juni 2014

Gute Arbeit für gutes Geld?

Bekommen Journalistinnen und Journalisten für gute Arbeit noch gutes Geld? Eine Frage, die den ganzen Berufsstand umtreibt. Und das nicht nur in Deutschland. Immer mehr Aufgaben werden auf die redaktionellen Mitarbeiter abgewälzt, für das eigentliche Kerngeschäft bleibt zuweilen kaum noch Zeit. Gleichzeitig versuchen Verleger und Sender, die Gehälter und Honorare zu drücken, um Geld zu sparen. Dass die Qualität von Medienveröffentlichungen darunter leidet, liegt auf der Hand. Es will aber kaum jemand wahrhaben. Die Folge ist, dass auch in Deutschland der Bundesverband der Zeitungsverleger kein einheitliches Bild mehr abgibt. Nur die Gewerkschaften wie der Deutsche Journalisten Verband setzen sich konsequent für eine faire Bezahlung der Mitarbeiter ein. Jetzt gibt es überraschend Rückendeckung von den Verlegern - sie erkennen, dass mit Dumping-Bezahlung kein hervorragender Journalismus zu machen ist - womöglich noch nicht einmal welcher, der gesellschaftlich anerkannt und konsumiert und somit bezahlt wird. Naja, es sind nicht die deutschen Verleger, die zu dieser Erkenntnis gekommen sind - es sind die in der Schweiz! Näheres dazu schreibt die Neue Zürcher Zeitung:

http://www.nzz.ch/feuilleton/medien/selbstkritische-voten-aus-der-medienbranche-1.18323380

Montag, 16. Juni 2014

Vom Wert des "Cat Content"


Katzen verdienen bei TV-Produktionen mehr als Schauspieler, berichtet die FAZ (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/die-gagen-der-schauspieler-hund-und-katze-kriegen-mehr-12982379.html). Das gilt zuweilen auch für Journalisten: „Cat Content“ wird im Internet in der Regel häufiger geklickt als inhaltlich-redaktionelle Inhalte. Der Boulevard bedient die Bewunderung für die putzigen Felltiger, was beim Publikum offenbar sehr gut ankommt. Journalistisch sind solche Angebote natürlich intellektuelle Diätkost. Krieg und Frieden, Rentendebatten, Rechtsextremismus, Ausspähung der Bürger – all das führt schnell zu einem Ermüdungseffekt bei den Konsumenten, während Cat Content „immer geht“. Für die Erstellung katzenmäßiger Inhalte braucht man kaum anständig bezahlte Medienmenschen – wie die Ablichtung einer fellfühligen Vertreterin mit dem Mobiltelefon des Autors für diesen Blog veranschaulicht (als Honorar gab es für „Lilli“ nur ein paar Streicheleinheiten). Für gute Arbeit muss gutes Geld bezahlt werden. Denn im Gegensatz zu Katzen, die mit Vollpension menschliche Obhut genießen, müssen Journalisten ihren Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen. Natürlich hat auch Boulevard-Berichterstattung ihre Daseinsberechtigung. Wichtig ist aber auch die solide Finanzierung journalistischer Komplettangebote, bei denen sich die Welt nicht nur um Schmalspur-Themen dreht. Bis zu 400 Euro pro Tag – wie Katzen laut FAZ bei Fernsehproduktionen – verdient dort kaum ein Journalist. Warum eigentlich nicht?
Knuddelig und kostengünstig, aber wenig journalistisch: "Cat Content". (Foto: F. Überall)

Freitag, 13. Juni 2014

WDR: Mehr als jede/r zehnte muss gehen



Dunkle Wolken ziehen auf über dem altehrwürdigen Westdeutschen Rundfunk (WDR). Mehr als jede/r zehnte Festangestellte wird in den nächsten Jahren den Schreibtisch, das Sendestudio, das Rampenlicht räumen müssen. 500 Stellen müssen abgebaut werden. Und das sind nur die „Festen“. Bei den „Freien“ wird in ähnlichem Umfang gespart werden. Ganz gleich in welchem Beschäftigungs- oder Auftragsverhältnis: Die Zeit gemütlicher Rundfunk-Verwaltung ist längst vorbei. Viele ersticken in (Zusatz-)Arbeit, für gediegenes journalistisches Handwerk bleibt immer weniger Zeit. Der WDR wird sich verändern. Der von der Politik verordnete Sparzwang wird sich drastisch auswirken. Intendant Tom Buhrow hat bereits durchblicken lassen, dass Aufgaben reduziert werden müssen. Was bedeutet das konkret? Der WDR wird seine Angebote einschränken, es wird weniger Programm geben. Denn man wird die „übrig gebliebenen“ Beschäftigten ja nicht zu Hungerlöhnen arbeiten lassen. Das hätte den Mitglieder der „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF) bewusst sein müssen. Inwieweit das noch etwas mit der Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu tun hat, ist gerade in Zeiten des digitalen Umbruchs in der Medienbranche fraglich. Wir brauchen eine breite Debatte darüber, was öffentlich-rechtlicher Rundfunk für die Gesellschaft leisten soll!


"Eigen-Dreh" aus Personalmangel? Der WDR muss drastisch sparen. (Foto: F. Überall)

Frank Schirrmacher wird fehlen



Es gibt selten (Sach-)Bücher – noch seltener von Journalisten – die „hängen“ bleiben, die einen nachhaltig beschäftigen. „Das Methusalem-Komplott“ von Frank Schirrmacher ist ein solches Werk, das mich bewegt hat. Es steht immer noch in meinem Bücherregal, hat einige Umzüge mitgemacht. Jetzt ist der Autor mit Mit-Herausgeber der „FAZ“ verstorben. Viel zu jung, und mit ihm geht ein hervorragender Journalist und Vordenker. In seinem „Methusalem-Buch“ hat er die Probleme der alternden Gesellschaft beschrieben: Auch, wie die Medien damit umgehen, die letztlich vor allem ein Bild der Jugend zeichnen. „Während des für das Selbstbild der Jugend unzählige Schablonen gibt – nicht nur in der Werbung, auch im Film, in der Literatur, in der Geschichte -, ist der alternde Mensch von einem gewissen Zeitpunkt an buchstäblich ohne Vor-Bild“, schrieb Schirrmacher. Die „Abwesenheit des älter werdenden Menschen in Fernsehen, Film und Werbung“ mache „das individuelle Altern nur noch auffälliger“. Schirrmacher hatte mit seinem Buch im Jahr 2004 mal wieder eine wichtige Debatte angestoßen. Wie so oft. Nun wird er es nicht mehr tun. Er ist nicht alt geworden. Er wird fehlen.

Donnerstag, 12. Juni 2014

Wulff, Blitze, Politik und Medien: (Neu-)Vermessung eines Abstandes

Was soll ich von einem Buch halten, das ich nicht mal lesen darf? Wie viele andere Menschen in Deutschland habe ich versucht, das Werk von Alt-Bundespräsident Christian Wulff am ersten Verkaufstag in der örtlichen Buchhandlung meines Vertrauens zu kaufen - was misslang, weil es auch beim Grossisten nicht vorrätig war. Warum nicht? Die spur führt nach Augsburg: Dort ist die Elektrik eines Auslieferungslagers von DHL durch einen Blitzeinschlag lahmgelegt worden. Das bestätigte ein DHL-Sprecher auf Anfrage. Bücher, die am Dienstag sortiert werden sollten um sie am Mittwoch auszuliefern, blieben vorerst liegen. Ob ganz oben oder ganz unten die Wulff-Bücher dabei waren, ist unklar - richtig aber ist, dass offenbar der Versand der Werke auch an Buchhändler beeinträchtigt wurde.

Wie auch immer: Was Christian Wulff vor allem mit seiner Medienkritik los getreten hat, ist ja ein wichtiges Thema. Wir sollten diesen Fall zum Anlass nehmen, genau hinzusehen, das Verhältnis zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrechten auf den Prüfstand zu stellen. Was hat Christian Wulff an substanziellen Anschuldigungen zu bieten? Was bisher aus den Medien zu erfahren war, ist doch ein bisschen dürftig. Ich will das Buch von Wulff lesen, um ihn zu verstehen. Ja, ich würde sogar gerne mit ihm darüber diskutieren. Über die (Neu-)Vermessung des Abstandes zwischen Medienvertretern und Politikern, über Gründe und Folgen. Ich denke, ich werde ihn an "meine" Hochschule mal einladen. In den Studiengang Journalismus, also zu denen, die genau diesen Beruf eines Tages ergreifen und prägen werden. Ich bin gespannt, ob die er Zeit und den Mut hat, zu uns zu kommen und sich der Diskussion zu stellen.


Mittwoch, 11. Juni 2014

Meine Kohle für die "Krauts"


Jetzt bin ich also auch "Krauter". Quasi in letzter Minute habe ich das Projekt "Krautreporter" unterstützt. Nicht, weil ich völlig von dem Konzept überzeugt wäre. Spendenfinanzierter Journalismus hat aus meiner Sicht noch keine sinnvolle Legitimation. Eine quasi privat finanzierte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, bei der man nich gar nich genau weiß, was journalistisch-inhaltlich dabei heraus kommen wird, ist nicht das Optimum. Journalismus als Beruf muss auf sicheren Füßen stehen. Das müssen wir Verlegern und Sendeverantwortlichen deutlich machen, das gilt aber - zumindest mittelfristig - auch für solche Projektfirmen... Trotz aller Unklarheiten ist "Krautreporter" ein Schritt in die richtige Richtung: Wenn Medienhäuser den Wert des Journalismus, der Journalistinnen und Journalisten, nicht mehr honorieren wollen, wird man nach Alternativen suchen müssen. Die Crowd kann da vielleicht eine Hilfe sein. Ich befürchte aber, dass das schwierig ist - wie die niedrigen Unterstützerzahlen bei den "Krauts" bedauerlicherweise zeigen.

NACHTRAG am Freitag, den 13. (Juni 2014):  Sie haben es tatsächlich geschafft! Krautreporter hat mehr als 15.000 Unterstützer, das Team wird also los legen (und ich bekomme 60 Euro abgebucht :-))

https://krautreporter.de/das-magazin

Dienstag, 10. Juni 2014

Richter erlauben Gauck-Zitat: Von feindlichen Spinnern



Laut Duden ist ein Spinner „umgangssprachlich abwertend“ gemeint „jemand, der wegen seines absonderlichen, skurrilen, spleenigen Verhaltens auffällt, als Außenseiter betrachtet wird“. Da ist es dann durchaus nachvollziehbar, dass unser Staatsoberhaupt Anhänger der rechtsextremen NPD als "Spinner" bezeichnen darf. Mal ganz abgesehen von der Frage ob man Rassismus als „spleenig“ verharmlosen kann und wie es dieses Adjektiv nun wieder in den Duden – die deutsche Rechtschreibinstanz – geschafft hat: Die Karlsruher Richter haben deutlich gemacht, was Medien und auch dem Bundespräsidenten in Sachen Meinungsfreiheit erlaubt ist, und das ist auch gut so. Das Bundesverfassungsgericht hat damit den Weg frei gemacht für eine politische und gesellschaftliche Markierung derer, die mit ihrem „absonderlichen Verhalten“ außerhalb der demokratischen Mehrheit stehen. Gleichwohl dürfte der Begriff des „Spinners“ eher auf dem journalistischen Boulevard sein Zuhause finden. Die Verantwortlichen der NPD sollte man aber auch seriös als das bezeichnen, was sie sind: Verfassungsfeinde, die das friedliche Zusammenleben in unserem Land gefährden. Ich mein` ja nur…

Montag, 9. Juni 2014

Grübeln über Gerüchte - 10 Jahre Nagelbombe in der Kölner Keupstraße

Zehn Jahre ist er an diesem Pfingstmontag (9.6.14) her, der Nagelbombenanschlag auf der Kölner Keupstraße. Wie viele Stunden, Tage habe ich auf der Straße verbracht, um zu recherchieren? Welchen Gerüchten bin ich nicht alles nachgegangen? Da gab es die Erzählung, dass dubiose Agenten direkt nach dem Anschlag einem Anlieger zugeraunt hätten, dieser Anschlag werde nie aufgeklärt. Eine Spur, die ins Leere führte. Eine Spur, die so unglaublich nach einer "großen Geschichte" klang und die so viele Journalisten gehört hatten, dass es ein Wunder ist, dass sie keine großen Schlagzeilen produzierte. In der Welt der schummrigen Geheimdienste ist es eben medial nich so einfach sich zu bewegen. Das ist das Verstörende an der Gewaltwelle des NSU: Dass die Rolle der so genannten Sicherheitsbehörden so undurchsichtig ist, dass dem Staatsbürger im Rechercheur regelrecht schlecht wird. Ich denke nicht, dass wir die ganze Wahrheit wissen über die Verstrickung staatlicher Stellen in diese Vorfälle. Aber vielleicht irre ich mich auch - als Bürger eines demokratischen Gemeinwesens wünsche ich mir das sehnlichst, als Journalist befürchte ich weiterhin, dass sich dieser Wunsch nicht erfüllen wird.

Meine eigene Sicht auf den rechten Terror, der nach Köln getragen wurde, kann man hier nachlesen:

http://www.welt.de/regionales/koeln/article128801407/Wie-die-Ermittler-jahrelang-im-Dunkeln-tappten.html

Sonntag, 8. Juni 2014

Es lebe das Schwarz(er)geld!

Manchmal hat Alice Schwarzer etwas von Pipi Langstrumpf: Sie macht die Welt, wie sie ihr gefällt. Manchmal, aber nur manchmal hat man irgendwelche mittelfristigen Folgen nicht bedacht. Denn wenn man sorglos Schwarz(er)geld auf die Seite schafft und das öffentlich als Fehler einräumt, ist es etwas überraschend, sich über heftige medial-öffentliche Reaktionen zu wundern. Pippi, ähm Alice kann das - sie muss das sogar, das gehört quasi zum voreingestellten Programm der moralinsauren Sittenpredigerin. Gefühlt gab es in den letzten Jahren keine Talkshow zu einem irgendwie frauenrelevanten Thema, die sie nicht mit ihren bissigen Bemerkungen, mit dem dauererhobenen Zeigefinger, mit frechen Angriffen geschmückt hätte. Nun steht sie selbst am Pranger, nicht etwa zu Unrecht, sie hat selbst eingeräumt, Fehler gemacht zu haben. Fehler, die in der Regel bestraft werden, Fehler, die die Gesellschaft schädigen. Sie hat die Hand aggressiv aufgehalten, als es um die Verteilung von Steuergeldern für ihre Projekte ging, gleichzeitig hat sie für sich selbst beharrlich die Steuerpflicht flexibel ausgelegt. Alice Schwarzer, übernehmen Sie! In eigener Sache! Starten Sie eine Kampagne! Sie haben es jüngst doch so gut vermocht, für ein Verbot von Prostitution Stimmung zu machen, mit vielen Prominenten. Starten Sie eine Kampagne für ein Verbot für Steuerhinterziehung, jetzt! Wie? Wollen Sie nicht? Ist doch schon verboten? Naja, in Pippis Welt nicht :-)

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/alice-schwarzer-droht-doch-verfahren-wegen-steuerhinterziehung-a-973460.html